Prekarisierung als Klassenfrage
Innerhalb einer bemerkenswert kurzen Zeitspanne haben sich die Sozialverhältnisse auch in den Metropolenländern dramatisch verändert. Die Armutsquote hat in Deutschland die 20-Prozent-Marke erreicht und eine ebenso große Gruppe ist beständig vom sozialen Absturz bedroht.
Die Lebensverhältnisse sind bis weit in "mittlere" Soziallagen hinein von zunehmender Unsicherheit, oft auch Perspektivlosigkeit geprägt. Wie in früheren Zeiten des Kapitalismus reicht für viele auch eine ganztätige Erwerbsarbeit nicht mehr zum Lebensunterhalt. Über diese Verarmungstendenzen in weiten gesellschaftlichen Bereichen und die zunehmenden Ausgrenzungsprozesse kann auch eine ideologisch angepasste Sozialwissenschaft nicht mehr schweigen. Forschungen über soziale Randständigkeit haben sich sogar zu einem akademischen Gewerbezweig entwickelt, der wichtige Einzelaspekte erhellend bearbeitet hat, oft aber auch bemüht ist, die Ursachen der sozialdestruktiven Entwicklungen zu verschleiern: Die Prekarisierungs-, Spaltungs- und Ausgrenzungsprozesse werden - der Faktenlage zum Trotz - als Entwicklungen jenseits der Klassenspaltung interpretiert.
Aber erst durch einen klassentheoretisch fundierten Blick wird deutlich, dass die durch die "Arbeitsmarktreformen" bewirkten sozialen Entwurzelungen Konsequenzen eines neuen Modus sozialer Herrschaft sind.
Buch, 280 Seiten
Autor*innen: Leo Tolstoi; Clara Wichmann; Elisée Reclus u.a.